1 Fragen zur transdisziplinären Untersuchung des impliziten choreographischen Wissens

Welche Untersuchungsfragen können Ausgangspunkt der Recherche in Theorie und Praxis sein? (Weitere werden sich im Verlauf des Projekts entwickeln.)

  • Wie arbeiten Choreographen, Performer/Tänzer und Zuschauer mit Verschiebungen, Dehnungen und Verkürzungen von Zeit?
  • Welche Auswirkungen haben diese zeitlichen Operationen auf das gesamte psychophysische System der Tänzer/Performer? ... der Zuschauer?
  • Welche Tempi, Rhythmen, zeitliche Strukturen (lineare oder dimensionale Zeitparameter, Synchronisierungen) finden sich in zeitgenössischen Choreographien?
  • Wie werden sie in der Vorbereitung (Bewegungs-studium, Training, Lebensverlauf) von Performern/Tänzern berücksichtigt?
  • Wann werden zeitliche Parameter im künstlerischen choreographischen Prozess diskutiert? Und was erleben die Zuschauer von diesen „Zeiträumen" mit (auch neurologisch vermittelt durch sog. Spiegelneurone als Vermittler zwischen Subjektivität und kinästhetischer Empathie)?
  • Inwieweit spielen gebrochene Erwartungen und Überraschung als Gefühl eine Rolle bei der Rezeption von dynamischen Künsten?
  • Inwiefern sind der musikalische Begriff der Form als zeitlicher Verlauf in der Makroanalyse sowie die Mustererkennung in der Mikroanalyse choreographisch relevant?
  • Wird Musik, Ton, Sprache zur zeitlichen Strukturierung verwendet und wie wird damit gearbeitet?
  • Wie haben jüngere musikalische Entwicklungen insbesondere im Zusammenhang mit elektronischer Musikproduktion den choreographischen Umgang mit zeitlichen Phänomenen verändert?
  • Sind Zeit und Raum eine Frage der Wahrnehmungsmodi, d.h. Zeit auditiv zu erfassen, während Raum visuell (sichtbar) ist und sind somit beide letztlich, wie Einstein formulierte, äquivalent?
  • Welche soziokulturellen Phänomene im Zusammenhang mit Beschleunigungs- und Entschleunigungsphänomenen wirken auch im aktuellen künstlerischen Kontext bzw. werden mit dessen Mitteln kritisch hinterfragt?
  • Inwieweit wird die zeitliche Dimension des Körpers (Alter, Entwicklung, Spuren des Erlebten oder Umgangs mit ihm) dabei berührt?
    (Künstlerische und persönliche Identität ist letztendlich eine Utopie aus dem, was entsteht und sich ständig wandelt.)
  • Inwiefern spielen biographische Elemente künstlerisch eine Rolle (Lebensphasen, kritische Ereignisse, Brüche) vor dem Hintergrund, dass die längste erlebbare Zeit für den Menschen ein Leben darstellt?
    Fallen Tempi, Rhythmen verschiedener Lebensphasen auf, die sich im künstlerischen Prozess zeigen?
    Oder ist die Dynamik eines Werkes ausschließlich vor dem soziokulturellen und individuellen Hintergrund verstehbar?
  • Wie wirken sich psychologische Reihenfolgeeffekte bezüglich Wahrnehmung und Gedächtnis auf den Ablauf und Verlauf eines Werkes aus? Wie werden sie in aktueller performativer Kunst kritisch hinterfragt oder bewusst negiert?

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